Polska Trylogia – die Polnische Trilogie
Humansky, Landsky, Historsky
„Warum schreibt der Typ jetzt ne Trilogie?“ mag sich der ein oder die andere von euch fragen. Ganz einfach: Weil ich es kann! So! Ne, ganz ehrlich… weil ich dem Reisebericht etwas Struktur verleihen wollte, ohne dass ich jeden einzelnen Tag beschreiben muss. Das wäre auch viel zu langweilig und spätestens nach Tag 3 habe ich Dich als Leser bestimmt verloren. Inspiriert von meiner Reiselektüre, habe ich mich für eine Trilogie entschieden. Im ersten Teil – den liest Du übrigens gerade- soll es um die menschlichen Bedürfnisse gehen. Nicht DIE Bedürfnisse. Ums menschliche halt… Essen und Trinken, humane Konstellationen, da wo’s halt menschelt.
Humansky – Die sind hier alle latent besoffen
„Die sind doch alle latent besoffen!“ Das war einer der ersten Eindrücke, der sich einstellte, als wir in Ustka an der polnischen Ostseeküste angekommen sind. Auch wenn die Fahrt fast 10 Stunden gedauert hat, waren wir schon um 15:00 Uhr im Pensionat Olenka. Nachdem wir die Koffer in Zimmer gebracht haben, wollten wir gleich an den Strand. Uns kamen viele Rentner, junge Familien und eine besonderer Dreier-Kombination, um die es später noch gehen wird, entgegen. Viele von den erwachsenen Menschen hatten einen etwas seltsamen, leicht besoffenen Blick aufgesetzt. Sollten sie etwa trunken von der Schönheit des Ortes sein? Weit gefehlt! Die waren knülle! Angesoffen! Am helllichten Tag? So viele? Tja, wir sollten bald erkennen, warum.
An der wunderschönen Promenade angekommen, flanierten wir nach alter Manier und ließen unsere Blicke über den dargebotenen Tand schweifen. An den weißen Plastiktischen auf weißen Plastikstühlen der quirligen Restaurants saßen Menschen mit rosa Getränken in 0,5l Gläsern. Das ist bestimmt ein leichtes erfrischendes Sommergetränk, ähnlich eines Aperol Spritzs oder Radlers. Nun ja, nicht ganz. Das ist deutlich stärkeres Bier, als wir es gewohnt sind und damit es etwas milder schmeckt, verdünnt man es nicht etwas mit Limonade… nein… man schüttet einfach etwas Himbeersirup rein, was den Alkoholgehalt natürlich nur minimal senkt. Damit der Shit richtig knallt, trinkt man das Zeug natürlich durch einen Strohhalm. Diese Mische scheint vor allem bei Frauen und Rentnern beliebt zu sein. Die echten Männer trinken das Bier pur! Also hat sich Daniel ein Bier und ich natürlich die rosa Plörre bestellt. Lecker wars nicht, muss ich sagen, aber ich habe „mein“ Bier etwas später dann auch gefunden.
Exkurs: polnisches Bier
Das polnische Pils hat im Schnitt einen Alkoholgehalt von 5,8%. Es gibt aber auch Starkbiere mit 7,5% Alkohol. Spitzenreiter sind Porter-Biere mit 9,5%. Deutsches Bier dagegen hat meist einen Alkoholgehalt von ca. 4,5%-5%, je nachdem um welche Sorte es sich handelt auch mal mehr.
In den folgenden Tage ist uns aufgefallen, dass man mit dem Biertrinken hier wohl schon um 10:00 Uhr morgens nach dem Frühstück beginnt. Irgendwie saß immer jemand mit dem pink Piwo an der Promenade und offensichtlich nicht nur langjährige Alkoholiker, sondern auch pensionierte Reisegruppen. Nunja, wenn meine Mutter mit ihren Schwestern unterwegs ist, kann man auch schon mal mit einem Sektfrühstück starten, gell Mama ;-). Aber die Leute trinken hier so gut wie nichts anderes. Bier scheint wie Wasser oder Cola getrunken zu werden. Jedem Tierchen sein Plaisierchen und für mich Radler Warka 0,0% Grapefruit und Blutorange. Mei, ist das lecker! Dieses alkoholfreie Radler (es heißt tasächlich Radler!) hat es mir angetan. Fix und fertig gemischt in der 0,5l Flasche steht es neben seinen Schwestern mit Apfel und Zitrone gut gekühlt in den Glaskühlschränken und wartete nur darauf von mir bestellt zu werden, während sich kleine Wassertropfen an der Flasche sammeln und herunterlaufen, wenn sie groß genug sind.
„Hört der jetzt mal auf mit Bier?!“ Könnte ich, aber ich entscheide, was ich schreibe. Und ja, ich höre jetzt auf damit.
Nun aber mal wirklich zu den Menschen. Uns ist hier aufgefallen, dass wirklich viele Rentnergruppen unterwegs sind und die sind sehr agil. Da stellt man sich an den Strand und mach heiß posierend Selfies, da könnte sich so manches Sternchen ne Scheibe von abschneiden. Man scheint sich hier nicht hinter dem Alter zu verstecken und einfach zu leben. Auf fast jedem Kinderspielplatz sind auch „Sportgeräte“ für betagte Mitmenschen aufgestellt. Man hat ihr gemeinsam Spaß, das sieht man auch an den jungen Familien nebst dazugehörigen Großeltern. Man vereist zusammen, auch wenn ich das jetzt nicht unbedingt brauchen würde. Die dritte und seltsamste Kombination besteht allerdings aus drei Personen: einen Pärchen, wobei die Frau minimal zu viel MakeUP (in Wirklichkeit 2kg zu viel MakeUP) trägt, und dem etwas hässlichen, leicht unterbemittelten Kumpel. Das ist uns so oft begegnet, das kann kein Wunder sein. Wie es auch immer sein mag, man macht hier was zusammen. Irgendwie erscheint uns auch der Umgang mit den Kindern liebevoller, mag aber auch an den gechillten leicht alkoholisierten Eltern liegen. Überhaupt sind die Eltern hier oft recht jung. Vielleicht sollte man mal eine Verhütungskampagne starten. Die demographische Statistik in Bezug auf die Altersstruktur dürfte aber sicher etwas anders aussehen als bei uns.
Wie sieht es denn mit den Schwulis hier in Polen aus? Ganz ehrlich, wir haben nicht viele gesehen. Zumindest keine offensichtlich homosexuellen Menschen. Seitdem die rückschrittliche Regierung an der Macht ist, hat sich das Leben der LGBTI-Menschen deutlich verschlechtert. Homosexualität ist zwar nicht strafbar, aber Gewalt gegen Homosexuelle wird nicht wirklich geahndet. Deshalb verhalten wir uns natürlich auch „unauffällig“. Wir halten kein Händchen wenn wir flanieren und wir küssen uns nicht in der Öffentlichkeit. Wenn wir ein gemeinsames Foto machen, und wir den Arm umeinander legen, bemerkt man schon die Blicke (siehe den Jungen recgts neben uns auf dem Titelfoto… sorry fürs Scrollen-Müssen 😉 ). Ein schönes Erlebnis hatten wir aber doch. Unsere Frittenkönigin, (so haben wir die Pommesverkäuferin getauft bei der wir regelmäßig leckere Fritkys kaufen) sagte zu mir, dass sie mein Unterarm-Tattoo toll findet. Ich habe es ihr ganz gezeigt, dann sagte sie erschrocken: „Oh, that´s gay!“ Schaut uns an und lief dann rot an! Sie fragte mich dann, ob wir zwei ein Paar wären, was ich natürlich bejahte. Sie meinte dann, dass sie das ganz toll finde, aber man das ja nicht so oft sehen würde. Seitdem winkt uns die Frittenkönigin jedes Mal freudestrahlend zu, wenn wir an ihrer Pommesbude vorbeilaufen. Wir haben einen Fan!
Alles in allem, werden wir hier aber sehr freundlich behandelt und Tinka natürlich auch. Aber unsere kleine großohrige Prinzessin, sorgt eh überall für Schmunzeln und freudige Blicke.
Das soll es für’s erste gewesen sein. Jetzt gehen wir lecker Abendessen, vielleicht zur Frittenkönigin und ich gönnen mit ein leckeres pink Piwo und Daniel ein richtiges Männerbier!
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